Koch-Geschichten von starken Frauen aus einem Jahrhundert
Ich kann mich noch gut an die erste Begegnung mit Elsy erinnern. 1971 – Aldo wollte mich seiner Mutter und Familie vorstellen. Ihre Begrüßung war gleich eine Umarmung – sowas kannte ich damals nicht, das war in Deutschland nicht üblich. Die Wirkung war stark, denn ich fühlte mich gleich angenommen. Das Essen im Kreis der großen Familie war wunderbar. Elsy servierte Salate, Gemüse, Pellkartoffel, Braten, Käse, usw. Immer wieder machte eine neue Schüssel die Runde, es schien keine Regel, keine Reihenfolge zu geben. Diese lockere Art machte mir schwer Eindruck und ich beschloss gleich für mich, ihr nachzueifern.
Elsy liebte ihre Familie und sie liebte es, Gäste zu haben und sie zu verwöhnen. Sie hörte lieber zu als selber zu reden. Und sie merkte sich die Vorlieben ihrer Lieben. Ein gelungenes Essen machte sie glücklich. Sie plante und kalkulierte gut, kaufte frisch und günstig ein. Es gab immer reichlich, aber es blieb nie etwas übrig. Zumindest erinnere ich mich nicht daran.
Vermächtnis von Elsy
Krosse Kruste bei weichem Innenleben
Elsy, meine Schweizer Schwiegermutter, machte ihre Rösti immer aus Pellkartoffeln vom Vortag. Da ließ sie nicht mit sich diskutieren. Und
zugegeben, ihre Rösti waren perfekt. In Zürich genoss ich bei einer Freundin eine Rösti, die aus rohen Kartoffeln gebacken war, gewürzt mit Kümmel. Im Tessin erfuhr ich, wie Rösti mit Speckwürfelchen
und Rosmarin schmeckt. In Basel lernte ich Rösti mit viel Zwiebelringen kennen. Es soll auch Rösti mit Käse geben, mit Tomaten oder Paprika. Hier nun die Rösti, wie ich sie von Elsi gelernt habe.
Der Schweizer Klassiker
Ein Klassiker in der Schweizer Küche ist das „Züri Gschnetzlets“. Richtig gut ist es aus dem Kalbs-Schnitzelfleisch. Das Gericht ist schnell
gekocht, muss dann aber sofort auf den Tisch. Ein perfektes Timing ist unerlässlich, die typische Beilage Rösti muss zeitgleich bereit sein. Meine Schwiegermutter Elsy beherrschte dieses
Festtagsgericht mit der bewundernswerten Leichtigkeit einer erfahrenen Schweizer Hausfrau – ich dagegen bin immer sehr erleichtert, wenn es wieder einmal punktgenau geklappt hat.
In der Schweiz gehören Wähen zum wöchentlichen Essalltag. Eier, Milch, Frischkäse und Mehl sind die Grundnahrungsmittel in jedem Haushalt. Elsy variierte gerne nach Jahreszeit von Oster-Flade, Tomaten-Wähe, Spinat, Lauch, Pilz, Kürbis, Kräuter bis Zibele-Wäie (Zwiebel-Kuchen). Aber auch andere einfache Gerichte wie Ofenkartoffeln, Bärlauchsuppe oder Gschwellti waren bei ihr ein Gaumenschmauss.
Lamm oder Gizi ist in der Ostschweiz das traditionelle Osteressen. Ob im Ganzen oder in Teilen im Backofen knusprig gebraten ist die übliche beliebte Methode.
Lamm-Filets sind etwas ganz Besonderes, hier kommt es auf das perfekte Timing an. Dieses wunderbare Ostermenü verdanke ich Elsy, das ich nur mit
ein paar Zutaten (Wein, Datteln, Walnusskerne) erweitert habe.