Die Wildkatze: Das dichte Fell ist bräunlich-grau mit einer verwaschenen Tigerzeichnung. In der Rückenmitte verläuft eine charakteristische, dunkle Linie – der Aalstrich. Das markanteste Merkmal der Wildkatze ist der dicke, buschige Schwanz mit zwei bis drei dunklen Ringen und einem auffällig stumpfen, dunklen Ende. Sie unterscheidet sich von der Hauskatze mit ihren immer weißen Schnurrhaaren. An der Kehle hat sie einen weißen Fleck und die Nase ist stets fleischfarben. Auf der Stirn hat sie sechs und im Nacken vier Streifen.
Die Geschichte von Ferdi und Paula ist sehr ungewöhnlich und beginnt bei meiner Cousine, die am Waldrand lebt. Sie beobachtet, dass die Anzahl der Gastkatzen, die an der Fütterung ihrer eigenen Katzen teilnehmen, immer mehr werden. Diese Tiere sind sehr scheu, kaum zu sehen, verschwinden sofort, wenn sie einen Menschen bemerken.
Hungernde Katzen
Meine Cousine fragt mich, ob ich zwei von den streunenden Katzen übernehmen möchte. Ich sage spontan zu, denn nach dem plötzlichen Tod von Max lebe ich gerade ohne Katze. Meine Cousine schafft es, zwei Katzen zu fangen. Sie werden zu mir gebracht. Wahrscheinlich sind es verwilderte Hauskatzen, aber Verhalten und Aussehen entspricht sehr dem von Wildkatzen.
Verstecken
Es ist nicht viel zu sehen von den Neuankömmlingen. Klappe auf und weg sind sie. Erst mal verstecken sie sich in der hintersten, dunkelsten Ecke unter dem Regal. Da kommen die beiden zwei Tage lang nicht raus. Immerhin, in der zweiten Nacht fressen sie und benutzen das Katzenkistchen. Fast zufällig bekommen die beiden von mir die Namen Ferdi und Paula beim Locken und Rufen.
Fauchen und Knurren
Beim Betreten des Raums hat mich die Katzendame richtig angefaucht und geknurrt. Wenn ich die Hand nach ihr ausstrecke, haut sie blitzschnell zu. Richtig gefährlich, die Kleine. Mit dem Kater geht es schon ganz gut. Er spielt und spricht mit mir. Die Knabberröllchen packen die beiden schon selbständig aus, also ganz schön lebenstüchtig.
Mutter und Sohn
Nach geduldigem Locken mit Futter lassen sich die beiden Katzen endlich blicken. Ich versuche eine zu streicheln - und schon habe ich die Krallen im Gesicht. Vorsicht, die wilden Tiere verlangen Respekt. Dann die Überraschung, die beiden Wildkatzen sind keine Geschwister sondern Mutter und Sohn. Die magere Paula säugt ihren dünnen Ferdi.
Erziehung
Paula stellt oder legt sich demonstrativ vor ihren Sohn und signalisiert ihm so, zu mir Abstand zu halten. Jeder Versuch, sie zu berühren wird mit blitzschnellen Tatzenhieben abgewehrt. Die Katzendame faucht nur noch, ich habe richtig Angst vor ihr. Als Gipfel der Ablehnung haben sie dann auf Kissen und Sofa gepinkelt. Ich glaube, die beiden müssen dringend an die frische Luft.
Paula inspiziert das Terrain
Beim Frühstück habe ich die Balkontüre aufgelassen. Ganz vorsichtig sind die beiden raus und haben den Garten erkundet. Nach einer Weile habe ich sie gerufen. Und sie kamen sofort. Sie haben dann rein - raus probiert und danach entspannt. Die Reviererweiterung hat sie beruhigt. Irgendwann sind sie wieder fort. Haben wohl die weitere Gegend erkundet. Aber so um Mitternacht kamen sie wieder rein mit großem Hunger.
Nette Kätzchen
Die beiden richten sich ein, arrangieren sich, nutzen den Komfort und zeigen mir die kalte Schulter. Paula ist nun viel entspannter, spielt rum, rollt sich auf den Rücken und faucht nur noch gelegentlich. Jetzt sind es richtig nette Kätzchen, die bei offener Balkontüre im Sessel schlafen. Wenn man sie so anschaut, sehen die beiden zum Knuddeln aus. Aber das täuscht. Sie halten mich auf Distanz.
Die Katzen bereits nach wenigen Tagen raus zu lassen, war das einzig Richtige.
Erste Annäherung
Wenn sie Hunger haben, kommen sie, folgen mir auch in die Küche. Beim Fressen passen sie sehr auf mich und die offene Türe auf. Wenn ich mich still verhalte und nicht zu nahe komme, liegen sie ganz entspannt auf einem Sessel. Aber kaum komme ich in ihre Nähe, sind sie blitzschnell wieder draußen. Auch wenn ich sie im Garten rufe, kommen sie. Aber nicht zu nahe.
Ihr Revier
Den Katzen geht es gut. Inzwischen betrachten sie Haus und Garten als ihr Revier und bewegen sich sehr selbstverständlich. Kommen rein, wann sie wollen und lassen sich auch nicht nach draußen schicken, wenn sie nicht wollen. Ich bin ihr Personal zum Türen und Dosen öffnen. Komme ich zu nahe, werde ich von Paula angefaucht. Streicheln ertragen sie, während sie fressen. Aber von Zuneigung keine Spur.
Termin in der Tierklinik
Nachts geht draußen das große Katzengeheule los. Es wird also höchste Zeit, Paula kastrieren zu lassen. Bei Katzen kostet das 135 und bei Katern 80 Euro. Der Termin in der Tierklinik ist gebucht. Aber wie soll ich sie einfangen? Mit Lekkerlis, Ablenkung und Hilfe von Freunden ist es geglückt, Paula in die Transportbox zu locken. Ein Problem gelöst. Ab in die Tierklinik.
Paula verabschiedet sich
Nach der Kastration stillt Paula ihren Sohn nicht mehr. Sie hat wohl beschlossen, sich wieder selbständig zu machen. Ferdi bleibt alleine zu Hause und sie verschwindet für immer längere Zeiträume. Gelegentlich schaut sie vorbei, begrüßt ihren Sohn, frisst und ist dann wieder eine Zeit lang weg.
Ferdi allein zu Hause
Ohne die Aufsicht seiner Mama wird Ferdi etwas zugänglicher. Der Kater ist immer noch sehr scheu und lässt sich nur beim Fressen streicheln. Seine Mutter Paula ist vor zwei Wochen gegangen, die Besuche werden seltener, vielleicht geht sie zurück in den Wald. Ferdi vermisst sie, hält immer nach ihr ausschau. Er ist noch nie alleine gewesen.
Und dann kam Sissi
Nachdem Paula die große Freiheit gewählt hat, habe ich das kleine Katzenmädchen Sissi aufgenommen. Heute haben beide Katzenkinder zum ersten mal
gemeinsam auf einem Sessel geschlafen. Bisher war immer Ramba-Zamba, wenn die beiden zusammen kamen. Nun sieht es aus wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Mit den Katzenkindern wird es
immer netter. Sissi wickelt den Kater um ihre Pfote und tanzt ihm auf dem Kopf rum. Er lässt sich das gutmütig etwa eine Stunde lang gefallen. Dann geht er. Und sie wundert sich. Wenn er draußen am
Fenster zu sehen ist, springt sie einen halben Meter hoch an der Scheibe, rast hin und her.
Wunderbare Freundschaft
Ferdi und Sissi zusammen zu erleben, ist täglich ein neuer Spaß. Er kommt eigentlich nur zum Fressen rein. Sie begrüßt ihn stürmisch mit Nasenstübern. Dann springt sie mit allen Vieren gleichzeitig in die Luft und landet voll auf ihm drauf. Das wiederholt sie immer wieder, bis es ihn nervt. Dann haut er ihr eins mit der Pfote. Rückzug, Anschleichen und wieder voll drauf. Das Ganze wird immer wilder und lauter. Wenn er böse wird und faucht, wirft sie sich auf den Rücken und er lässt sie sofort los. Wirklich faire Spielregeln, an die er sich hält. Sie weniger, aber sie ist ja auch nur halb so groß wie er. Irgendwann ist Ruhe. Dann schlafen sie friedlich und entspannt zusammen gerollt im Sessel.
Kastration
Gestern ist es mir geglückt, Ferdi im Katzenkäfig zu fangen und zur Kastration zu bringen. Er hat gebrüllt wie ein Löwe und die ganze Tierklinik unterhalten. Vor der Behandlung sowieso und auch, nachdem er aus der Narkose erwacht ist. Nun hoffe ich sehr, dass er zahmer wird und vor allem, dass er nicht mehr in meine Sofas pinkelt. Dazu habe ich einen Tipp bekommen: das Sofa oder den Sessel mit Alufolie belegen.
Alle Talente
Bei Sissi ist Ferdi ein ganz zahmer Kater. Im Gegensatz zu ihr, habe ich großen Respekt vor seinen scharfen Krallen, mit denen er mühelos Bäume senkrecht am Stamm erklettern kann. Dabei habe ich ihm heute zugeschaut. So etwas habe ich noch bei keiner ausgewachsenen Hauskatze gesehen. Kleine, leichte Kätzchen können das noch. Ja, Ferdi hat alle Talente von einer Wildkatze.
Die Wende
Wildkatzen sind wirklich nicht leicht zu halten. Das bekomme ich rundum bestätigt. Ferdi, der getigerte Freigänger, bestimmt selber, bei wem und wo er bleibt.
Meine Nichte Sonja hütet während meines Urlaubs meine beiden Katzen Ferdi und Sissi. Bei ihr wird Ferdi zur anhänglichen Katze. Zu ihr kann er eine engere Beziehung aufbauen. Als Sonja mir sagt "Ich will nicht mehr ohne ihn sein!" ist sein Schicksal besiegelt. Die beiden haben sich gefunden und ich fahre mit Sissi alleine nach Hause. Ein Happy End für viele Jahre.
Neues Zuhause
Mit unendlicher Geduld und Liebe zähmt Sonja den wilden Kater. Sie berichtet: "Erstmal ausgiebig mit Leckerlis versorgt. Danach hat er doch tatsächlich Lust gehabt mit mir zu spielen und ist richtig hinter seiner Spielmaus hergepest. Habe ihn am Köpfchen streicheln dürfen. Es geht weiter mit uns beiden, jeden Tag ein kleiner Fortschritt." Schon bald schickt sie mir das Foto, sie kann mit Ferdi richtig innig schmusen.
Liebe und Freundschaft
Erst mal geht alles gut. Katzenbaby Rose kommt neu hinzu und Ferdi sieht es als seine Aufgabe, die Kleine zu verwöhnen und zu erziehen. Rose dankt es ihm mit grenzenloser Liebe. Aber bald schon zieht es Ferdi wieder nach draußen. Er wir zum richtigen Rabauken, der sich bei Prügeleien mit den Katern in der Nachbarschaft so manche Schramme einhandelt. Tobi, der Nachbarkater, wird sein bester Freund. Bei ihm verbringt er seine Zeit und wird, sehr zum Kummer von Sonja, im Laufe der Jahre ganz bei Tobi bleiben. Bis das - etwa nach vier Jahren - entschieden ist, macht sie sich viel Sorgen: "Dieser Lausebengel. Immer op jück. Er ist wieder so wild geworden, ist nur noch unterwegs..."
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