Monika Frei-Herrmann Gestaltung | Fotografie
Monika Frei-HerrmannGestaltung | Fotografie

Miezen-Gemaunze

Peter - Der Individualist

Peter ist ein schwarzer Kater mit langem weichen Fell, buschigem Schwanz und hellgrünen Augen. Seine Mutter war eine braungraugetigerte Hauskatze, sein Vater ein Perserkater aus der Nachbarschaft. Schon als Katzenbaby kletterte er die Hausfassade und Bäume rauf und runter und fing erfolgreich Mäuse.

Zürich

Peter hat in seinem langen Katzenleben an fünf Orten gelebt. Geboren ist er in Kilchberg, in einem Haus mit Garten, herrlich gelegen oberhalb vom Zürichsee. Mit drei Monaten kam Peter zu mir in das Wolkenhaus am Kreuzplatz. Kein Auslauf für Katzen, aber viel Unterhaltungspotential im Haus.

 

Füttert ein Mensch den Hund, sagt sich der Hund: Er muss Gott sein. Füttert ein Mensch die Katze, sagt sich die Katze: Ich muss Gott sein.

Mit dieser Einstellung kam der kleine dreimonatige Kater zu mir. Und ich habe diese Erwartung widerspruchslos akzeptiert. Erziehung ? keine Spur !  Polstermöbel, Ledersofa, Sessel, Kissen, Bett, Papierkorb, Arbeitstisch, Wäschefach, Schubladen - es gab keine Stelle, keine Ecke, kein Versteck, die der kleine Racker nicht für sich beansprucht und mit scharfen Krallen bearbeitet hat. Hingerissen von seinem Charme und seiner Anmut habe ich verzückt zugeschaut, wenn das schwarze Wollknäuel durch die Wohnung tobte.

 

Mäusefänger

Die Geschichte von Peter fängt mit Felix der Maus an. Er wohnte schon lange vor mir im Wolkenhaus am Kreuzplatz. Seit Generationen lebte seine Sippe nebenan in der Backstube und eben auch in dem schönen alten Haus mit Holztäfelung an den Wänden und knarrenden Parkettböden, in das ich gerade einzog. Die erste Begegnung finde ich ganz lustig: da rennt so eine kleine Maus quer durch die Wohnung, hin und her, ganz ohne Scheu und verschwindet hinter einer Fußleiste. Nachts höre ich es rascheln und morgens liegen überall Mäuseköttel rum. Felix ist eindeutig nicht alleine. In der Küche werde ich zu extremer Ordnung erzogen. Kein Brot, Gebäck oder Essen darf offen herumstehen. Die Mäuse finden alles, im Backofen, im obersten Regalfach, im Schrank. Als ich Felix fressend in einer Spaghettipackung vorfinde, steht mein Entschluss fest. Eine Katze muss her. So kam Peter ins Wolkenhaus und wir hatten sofort eine Win-win-Situation.

 

Der erste Tag

Nun beginnt das Kennenlernen. Für Kitten Peter die neue, fremde Umgebung ohne Mama. Für mich, was braucht so eine kleine Katze, wie fühlt sie sich wohl? Zuerst zeigt mir Peter, was er kann. Nachdem er herausgefunden hat, wie er auf meinen Arbeitstisch kommt - erst auf den Stuhl, dann mit einem mutigen Sprung, den er genau studiert, auf den Tisch - macht er Jagd auf alles, was sich bewegt. Ein raschelndes Papier, mit dem ich arbeite, ist das erste Opfer. Er wartet bis das Papier still hält, dann stürzt er sich mit beiden Vorderpfoten gleichzeitig drauf. Diese Übung wiederholt er gefühlt zwei Stunden lang. Jedes Papier, mit dem ich arbeiten möchte, wird erbeutet. Dann ist der Kleine müde, rollt sich zusammen und schläft.

 

Schlafen

Und schläft. Den ganzen Nachmittag. Wie lange schläft so eine kleine Katze? Betäubt ihn vielleicht das Flohhalsband, das ich ihm gegen die Piekser umgelegt habe? Atmet er noch? Ist das normal? Vorsichtig streichele ich ihn und werde sofort gebissen. Na, das sieht doch gesund aus. Später lerne ich, dass Katzen 60 Prozent ihres Lebens schlafen. Also doppelt so viel wie Menschen.

Rutschpartie

Ich öffne den Kühlschrank. Da kommt Peter gesprungen. Die Hinterbeine überholen die Vorderbeine seitlich. Der Kater rutscht. Das Parkett ist spiegelglatt. Perserkatzen haben Fell unter den Pfoten und zwischen den Zehen. Bremsen ist fast unmöglich. Um die Ecke rennen ist schwierig. Er kriegt die Kurve nicht und rutscht gegen die Wand. Da hilf nur langsam gehen. Das entspricht aber nicht seinem jugendlichen Temperament. Also üben. Als er vom Hocker springt, landet er auf dem Bauch, weil es ihm die Beine auseinander reisst.

 

Suchtmacher

Brekkies sind Peters liebste Nahrung. Er holt die geschlossene Packung aus dem Regal, sogar von ganz oben und bearbeitet sie so lange, bis aus einem Loch die Brekkis heraus quellen. Geschickt wirbelt er die grosse Packung hin und her, holt mit der Pfote einzelne Brekkies raus, nagt, kratzt, beisst, bis die Packung in Stücke zerfetzt ist und er das letzte Stückchen erbeutet hat. Jedes andere Futter lehnt er mit Verachtung ab. Nur wenn keine Brekkies im Haus sind - seine feine Nase wittert das - akzeptiert er Dosenfutter.

Zimmerpflanzen

Wie bringt man so einem kleinen Racker bei, dass Pflanzen auch Lebewesen sind? An der Palme wetzt Peter seine Krallen. Die Blätter werden abgeknabbert. Das Oleanderbäumchen springt er an, bis der ganze Topf umkippt. Der Kaktus wird ausgegraben. Die Hängepflanze wird von unten wieder und wieder angesprungen, bis die Blätter völlig zerrupft sind. Interessant sind auch Blumenvasen. Die breiten kann er von oben leer räumen und vom Wasser trinken. Die schmalen Vasen kippen beim kleinsten Stoss und schon gibt es eine Pfütze, aus der er trinken kann. Die einzige Pflanze, die ihn überhaupt nicht interessiert ist das Katzengras. Meine Proteste und Erziehungsversuche scheitern total. Vorübergehend hilft ein Baumstamm, den wir für Peter als Kletter- und Kratzbaum fest montieren.

Dachterrasse

Seit Ostern ist es wunderbar warm und ich beginne, die Dachterrasse zu bepflanzen. Peter beobachtet alles sehr interessiert, bleibt aber auf der Treppe sitzen. Er lässt sich nicht locken und gegen meinen Versuch, ihn rauszutragen, wehrt er sich mit allen Krallen. Ein paar Tage später hat er die Dachterrasse ganz alleine für sich entdeckt und begrüsst mich von oben.

Windräder und Strassenlärm

Nachdem Peter sich an den Lärm vom Kreuzplatz gewöhnt hat - und der ist hier oben besonders laut - beginnt für ihn das Katzen-Abenteuer. Die Windräder von Anton Portmann sorgen zwar für Unruhe, sind aber nicht gefährlich. Die Schwalben machen sich einen Spass daraus, ihn von der Wäschestange zu jagen, kaum hat er sie erklommen. Im Formationsflug saust ein ganzer Schwarm über die Dachterrasse. Bei den Tauben verspricht er sich mehr Erfolg. Er schleicht sich an, sie rücken weg, er nach, alles in Zeitlupe, bis die Tauben die Dachrinne erreichen. Dann setzt er zum Sprung an - und die Tauben flattern davon.

Muttertag

Wir besuchen Söfelie. Peters Mutter lebt in Kilchberg bei der Familie wo er aufwuchs. Peter flüchtet erstmal vor den vielen Händen, die ihn streicheln wollen. Auch Söfelie hat sich versteckt. Peter fühlt sich in seiner alten Heimat gleich sicher, weiss wo Futter und das Kistchen stehen. Er entdeckt auch Söfelie hinter dem Vorhang, aber sie knurrt ihn an. Er wagt sich noch näher, da gibt sie eine Art Bellen von sich. Wir wollen die Begegnung abkürzen und nehmen beide Katzen auf den Arm. Einen Moment lang sind sich beide ganz nah. Dann ein ungeheures Fauchen, Söfeli haut ihrem Sohn eine runter, beide Katzen springen in verschiedene Richtungen davon.

On Top

Als Atelierkatze geht Peter mit der Zeit. Lag er früher auf dem Reissbrett und schob Lineal, Reißschiene und Rechenscheibe über die Layouts, so beobachtet er nun die Arbeit vom Mac aus. Das ist 1988 nicht nur für die Katze Neuland.Die erhobene Position verlässt er nur, wenn der Laserdrucker rattert. Dann springt er eilig rüber und versucht die Papiere zu erhaschen.

Malans

Nach den hektischen und arbeitsreichen Jahren in Zürich träume ich von einem ruhigen Leben auf dem Land. Malen, fotografieren, lesen, wandern, mit Freunden relaxen - so habe ich mir das vorgestellt. Peter soll endlich Freigang haben und sich in der Natur bewegen können. Als Anita eine kleine Wohnung im Plantahaus in Malans Graubünden vermitteln kann, ist mein Glück perfekt und das sabbatical Jahr kann beginnen.

Umzug nach Malans

Peter beobachtet nervös das ungewohnte Treiben: da werden Schränke geleert, Kisten gepackt, Möbel gerückt, alles verändert sich. Fremde Menschen kommen, tragen vertraute Sachen weg. Nun wird er in einen Korb gepackt, ab geht es mit dem Taxi zum Bahnhof. Peter protestiert lautstark, der Taxifahrer hat gute Nerven. Im Bahnhof und Zug schaut er interessiert dem Treiben aus seinem Käfig zu und miaut kein einziges mal. Die Wohnung in Malans erforscht er zögernd im Tiefgang und versteckt sich erst mal in der Badewanne. Vermutlich hat er nachts die gründliche Inspektion gemacht, denn am nächsten Tag durchschreitet er selbstbewusst sein neues Reich mit erhobenem Schweif.

Schwarzer Peter

Ich traue meinen Augen nicht. So schwarz war Peter noch nie. Er putzt sich wie verrückt und überall in der Wohnung sind Rußspuren auf dem Filzboden. Peter ist in den Kamin, das Cheminée, hoch gesprungen oder geklettert. Ich packe den Cheminéefeger und dusche ihn in der Wanne. Erst beim Frottieren kommt er wieder zu sich und beginnt sich zu wehren. Von da an geht er nie mehr in die Wanne - auch nie mehr ins Cheminée.

Kennen lernen

Nicht nur die Wohnung ist neu - besonders der Filzboden birgt viele interessante Gerüche. Peter veranstaltet Kratztests, macht Sprünge, rollt sich auf dem Rücken hin und her. Er liegt mal in der Sonne, mal auf der obersten Treppenstufe, mal vor dem Futternapf. Neue Lieblingsplätze werden gefunden, die Wohnung hat gemütliche Ecken und Nischen.

Knattern und Scheppern

Als ich die Balkontüre öffne, bekommt Peter grosse Angst. Der Loggiabalkon wirkt wie ein Schallverstärker. So ein Landleben ist sehr geräuschvoll: da knattern die Trekker, der Milchwagen scheppert, Transporter, Lastwagen, Autos, Mopeds, alles drängt sich durch die eine enge Strasse mitten durchs Dorf. Auch die Kühe nebenan im Stall muhen, Hunde bellen und der Kirchturm auf der anderen Seite macht mit seiner klangvollen Glocke regelmässig Zeitansagen. Sägen, Klopfen, Gebläse - es wird geräuschvoll gearbeitet. Ganz vorsichtig wagt sich Peter nach draussen auf den Balkon, vergewissert sich immer wieder des Rückzuges in die Wohnung und lässt die Klänge, Töne und Gerüche auf sich wirken.

Katzenklappe

Damit Peter selbständig raus und rein kann, kommt eine Katzenklappe in die Wohnungstüre. Die Nachbarkatze Frieda zeigt ihm den Weg. Im Salotto, dem Gemeinschaftsraum im Plantahaus, fehlt eine Butzenscheibe. Die Öffnung ist für schlanke Katzen gerade gross genug. Von da geht es in den Garten und dann über die Mauer in die grosse Freiheit. Leider spricht sich der freie Zugang unter den Dorfkatzen rum. Im Nu verkehren in meiner Wohnung freche Kater, die nicht nur das Futter stibitzen, sondern geruchsintensiv markieren. Eine Demütigung für Peter. Ärgerlich für mich.

Nur das Beste

Wie ein Tanzbär kann Peter sich drehen und strecken, wenn es Crevetten gibt. Das ist momentan sein Liebstes. Eine Zeit lang kam er gerannt, wenn es  Emmentaler Käse in kleinen Würfeln gab. Fisch hat er ignoriert, bis ich ihm einem kleinen ganzen Fisch servierte. Da war die Freude gross. Er spielte mit ihm, warf ihn in die Luft, fing ihn auf, purzelte darüber, rannte mit dem Fisch hin und her, stürzte sich mit einem Satz darauf. Bevor er reinbiss, war der Fisch ganz zerfleddert. Der Boden war schmierig und die Katze auch. Es stank. Die schwierige Aktion, die Katze wieder sauber zu kriegen, hat mich von weiteren Vergnügungen mit Fisch abgehalten. Mit frischer Rinder-Lunge, Herz und Nieren oder vom Huhn die Hälse und Innereien kann ich Peter für lange Zeit beglücken.

Düsseldorf

Im Sabbatjahr in Malans habe ich noch einen längeren Auftrag in Düsseldorf angenommen. Dabei habe ich Mani kennengelernt und wir wurden ein Paar. Er kam oft und gerne nach Malans und ich verlängerte die Aufenthaltszeit in Düsseldorf, was Peter alleine in Malans nicht gut bekam. Also musste er mit.

Katze mit Glatze

Vier Jahre lang habe ich gependelt zwischen Malans und Düsseldorf und Peter musste mit. Der erste Versuch, Peter während meiner Abwesenheit in der Obhut meiner Freundin zu lassen, scheiterte. Peter bekam am Hinterkopf eine Glatze. Die Tierärztin diagnostizierte einen psychischen Schaden. Also musste die Katze immer mit auf die Reise und die Haare wuchsen bald wieder nach. Es gab drei Reisemöglichkeiten. Die bequemste aber auch anstrengendste war das Auto. Das bedeutete acht Stunden lang eine lautstark schreiende Katze, sobald der Motor lief. Die sieben Stunden im Zug dagegen ertrug Peter besser. Das schnellste war eine Stunde Flug Zürich - Düsseldorf, allerdings gab es immer Stress bei den Sicherheitskontrollen. Das Katzenkörbchen musste durch den Gepäckscanner, natürlich ohne Katze. Schutzlos ohne Körbchen wollte Peter erst flüchten und dann nicht wieder zurück. Der Flug verlief problemlos, aber es gab immer noch die nervige An- und Abreise zum Flughafen im PKW. Alles sehr mühsam, aber leider notwendig.

Jet-Cat

Peter ist viel gereist. Natürlich nicht freiwillig und er hat auch ausgesprochen lautstark und ausdauernd dagegen protestiert. Aber kaum sind wir in der Strasse angekommen, erkennt er den Ort wieder (am Geräusch, am Geruch?) und entspannt sich. Schon im Auto richtet er sich auf, spitzt die Ohren und schaut um sich. Kaum raus aus dem Katzenkörbchen schreitet er mit erhobenem Schwanz das Revier ab, prüft, ob es Veränderungen gab, oder ob alles beim Alten ist. Einzige Bedingung: ich sein Personal, muss zur Verfügung stehen. Dann ist die Welt für ihn in Ordnung, ganz gleich wo ich ihn hinbringe. Die Behauptung, eine Katze mag keinen Ortswechsel, trifft auf Peter nicht zu. Nur die Reise im Auto ist das Poblem.

Grüne Oase

In der Düsseldorfer Wohnung fühlt sich Peter sofort sicher und zu Haus. Er kann stundenlang auf der Fensterbank sitzen und in den Garten mit den hohen Büschen und Bäumen schauen. Alles ist üppig grün. Der Wind lässt die Zweige an das Fenster klopfen. Es ist ruhig, ausser Natur ist nichts zu hören.

Sommer auf dem Balkon

Die Steigerung von der Fensterbank innen ist der Balkon. Bei fast jedem Wetter sitzt Peter auf seinem Aussichtsplatz und hält die Nase in den Wind. Viele Vögel, Insekten und Eichhörnchen bieten ihm ein unterhaltsames Programm. Ein Spalt in der Balkontüre ermöglicht ein autonomes Rein und Raus, auch wenn kein Katzen-Personal die Tür öffnet.

Katzentreppe

Nach Schweizer Vorbild baut Mani ein Katzentreppe vom Balkon in den Garten. Das Modell der Hühnerleiter ist das Vorbild, ein stabiles Brett mit Querleisten in regelmässigen Abständen. Aber Peter will nicht, er ignoriert die Möglichkeit, vom Balkon in den Garten zu gelangen. Wir setzen ihn auf die oberste Stufe. Nein. Dann versuchen wir es von unten, setzen ihn auf die Mitte der Treppe, schieben, er sträubt sich. Plötzlich rennt er nach oben los, erreicht den Balkon. Beleidigt von so viel Übergriff verzieht er sich. Aber er hat den Zweck der Katzentreppe verstanden und nutzt sie später. Dann, wenn es ihm passt, wenn er Lust auf Ausgang hat.

Begleitung

Wenn wir spazieren gehen, kommt Peter gerne mit. Er begleitet uns, indem er parallel durch die Vorgärten streift. Nach etwa einer Viertelstunde Weg überqueren wir eine grössere Strasse. Da bleibt Peter zurück. Und wartet auf uns. Wenn wir auf dem Heimweg die Strasse überqueren, springt er aus einem der Vorgärten aus den Büschen. Dann rennt er mit erhobenem Schwanz vor uns her und ist als erster zu Hause.

Katze im Baum

Schnee in Düsseldorf. Das ist selten. Verzaubert betrachte ich auf dem Balkon die weisse Welt. Auch die Nachbarn stehen auf ihren Balkonen und rufen sich aufgeregt Nachrichten zu. Durch das Hundegebell verstehe ich erst langsam, dass die Aufregung einer Katze ganz oben in einem riesigen Baum gilt. Es ist Peter. Er hängt in einer Astgabel, nur der Schwanz zuckt hin und her. Unten am Baum steht die Nachbarin mit ihrem bellenden Hund und versucht die Katze zu locken. Wie blöd kann man nur sein? Ich stürze mich in die Winterstiefel, klettere den Hang runter und bitte die Nachbarin zu gehen. Sie berichtet, dass ihr Hund eine Katze durch mehrere Gärten gejagt hätte. Erst hier unter diesem Baum am Hang hätte sie ihren Hund wieder an die Leine nehmen können. Peter bleibt noch einen ganzen Tag im Baum. In grossen Zeitabständen steigt er je eine Astgabel tiefer. Erst spät in der Nacht kommt er völlig durchfroren aber unverletzt nach Hause.

Köln

Nach den bewegten Jahren ziehen wir nun in ein Haus mit grossem Garten am Stadtrand von Köln. In unmittelbarer Nähe weiden Schafe, werden Äcker bestellt. In der Nachbarschaft leben viele Katzen und die Hunde werden im Idealfall an der Leine vorbeigeführt.

Haus einrichten

Kaum liegt irgendwo Papier auf dem Boden, ist Peter zur Stelle. Darauf macht er sich breit. Wenn es raschelt, will er damit spielen. Es ist etwas heikel, wenn das Papier Kunst ist, ungeschützt in einer Mappe. Aber wir sind ja in Köln und da ist schon immer alles gut gegangen. Das Einrichten und Hängen der Bilder braucht Zeit, auslegen, probieren, anschauen und die Katze ist natürlich immer mittendrin. Die Auslage der Bilder hat Peter unbeschadet abgelegen. Hängt erst mal etwas an der Wand, ist es für ihn uninteressant.

Ein verwildeter Garten

Im ersten Jahr im neuen Haus ist noch keine Zeit für den Garten. Die Wiese steht kniehoch. Bäume, Büsche, Sträucher, Brombeeren, Rosen - alle was da war, wucherte wild durcheinander. Ein wahres Paradies für Katzen. Ringsum den Garten ist eine mit Efeu bewachsene Mauer, ein idealer Lebensraum für Vögel und Insekten. Peter ist beschäftigt.

Neues Reich

Der Bungalow ist um ein Atrium angelegt. Hier in diesem geschützten Raum fühlt sich Peter sicher und wohl. Die Terrassentüren stehen in der warmen Jahreszeit meist offen, so kann Peter beliebig zwischen innen und aussen wählen. Sind die Türen geschlossen, entscheidet sich Peter mehr und mehr für aussen.

Nachbarkater Major

Da Peter am liebsten draussen ist, bekommt er sein Futter in einer überdachten Ecke auf der Atrium-Terrasse. Eine kleine Stellwand bietet Schutz gegen Sonne und aufdringliche Nachbarkatzen. Meist sitzt der Nachbarkater Major in respektvollem Abstand in der Nähe. Peter hat ihn fest im Blick, weiter passiert aber nichts. Sie streiten nicht, aber sie machen auch nichts zusammen.

Lieblingsplatz

Nach einem Kontrollblick in die Runde ruht Peter für Stunden auf der Bank. Er ist ruhig geworden. Was denkt eine ruhende Katze? Erinnert er sich an Früher? An Abenteuer? An die Autofahrten, wo jede Minute eine Qual für seine Ohren waren? Hat er unerfüllte Wünsche? Oder genügt dem Einzelgänger einfach, dass ich da bin, es sein Lieblingsfutter gibt, die Türen geöffnet werden, er seine Ruhe hat und nicht gestört wird?

Autonomes Katzenleben

Mit den Jahren ist der Garten angelegt, der Rasen wird kurz gehalten und Peter kontrolliert sein Reich. Fremde Katzen bleiben oben auf der Mauer sitzen. Man hat sich im Blick und respektiert das Revier. Peter lebt den ganzen Sommer über im Garten. Nur wenn der Rasenmäher erklingt, flüchtet er. Motorengeräusch kann er nicht ausstehen.

Der Perser auf dem Perser

Da sitzt die Rassekatze auf dem Objekt von hohem künstlerischem Wert. Das familiäre Prestigeobjekt aus der Gruppe der Orientteppiche wird als Erbstück in Ehren gehalten. Der Katze ist das egal. Eventuell kommt die "Perserkatze" gar nicht aus Persien, sondern aus dem türkischen Raum, wie ihr ursprünglicher Name  „Angorakatze“ vermuten lässt.

Treue Seele

Peter ist und bleibt Single. Er mag keine anderen Katzen. Er mag eigentlich auch keine Menschen, also keine Fremden. Wenn Besuch kommt, verschwindet er im Garten und betrachtet das Treiben versteckt aus sicherer Distanz. Kommt aber Besuch aus der Vergangenheit, den er gut kennt, lässt er sich gerne auf den Arm nehmen. Es ist erstaunlich, dass er Menschen auch nach vielen Jahren sofort wiedererkennt.

Gut riechen

Es kommt schon mal vor, dass die Leidenschaft mit Peter durchgeht. Dann wälzt er sich im Kräuterbeet auf der Katzenminze. Oder er findet den Geruch einer Lederjacke von einem Gast irre lecker und wühlt darin rum. Kann sehr peinlich sein. Auch meine alten Sommerschuhe wecken seine Leidenschaft. Gut riechen ist relativ, Katzen haben da eigene Vorstellungen.

Abgeblitzt

Peter ist alt geworden, er hat seine Lebensfreude verloren und liegt nur noch auf seinem Kissen. Ich dachte, die Gesellschaft einer jungen Katze könnte ihn aufmuntern. Weit gefehlt. Er war stocksauer und hat sie nicht angesehen. Die schöne Missi maunzt um ihn herum, gurrt, unterwirft sich, aber er schenkt ihr keinen Blick. Peter, der sein Leben lang alleine bei mir lebt, ist empört über den Familienzuwachs.

Letzter Wille

Altersschwach, mit letzter Kraft, schleppt sich Peter unter den Apfelbaum und bleibt dort liegen. Auch als es zu regnen beginnt. Tropfnass liegt er da. Ich trage ihn rein, trockne sein Fell. Aber er kämpft sich wieder raus. Der Anblick ist schwer zu ertragen, er kippt um, die Beine versagen. In der Tierklinik kann er in meinem Arm die letzte Reise antreten nach 19 gemeinsamen Jahren.